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Re: "Die richtige Sub" ...von nachschatten

geschrieben von nachtschatten  am 28.11.2011 um 17:02:25 - als Antwort auf: Re: "Die richtige Sub" ...von nachschatten von Liara88
Hallo,


Wow, da schneidest du jetzt aber einige spannende, aber auch schwierige Aspekte an.

Ich glaube, wir werden ganz schnell schon wieder Schwierigkeiten bekommen, beim Topic zu bleiben. Also zählen wir doch mal auf, worüber sich „die richtige Sub“ so gedanken machen sollte ;-) :

Zuerst einmal denke ich, dass doch klar ist, dass Sexualität nicht etwa einfach nur den einen Zweck der biologischen Fortpflanzung hat. Ich denke, die Zeit in der Sexualität so gesehen wurde war eine relativ kurze Periode während des Aufschwungs der Naturwissenschaften so etwa im 18. und 19.Jahrhundert.

Selbst bei den ältesten bekannten Kulturen lassen sich Relikte finden, die darauf hinweisen, dass diese Kulturen der Sexualität immer auch rein vergnügliche oder gar mystische Bedeutungen zuschrieben, die zwar oft den Zeugungsaspekt mit einbeziehen, aber nie in einem so abgeklärten Sinne von Zweck und Nutzen.

Auch die Kirche hat ja Sexualität nicht im positiven Sinne als reine Einrichtung zur Fortpflanzung erklärt, sondern das war eben das, was übrigblieb, wenn man ein Leben fern von jedem Sinnesgenuss propagiert. Dabei gab es aber auch eine Menge verbotene christliche Sekten im Mittelalter, die da eine ganz andere Einstellung zur Sexualität hatten.


Sorry, dem folgenden Satz konnte ich noch nicht so ganz folgen, vielleicht kannst du mir das nochmal in anderen Worten erklären?:

„...doch denke ich nicht, dass diese zweckentfremdete Sexualität der Entwicklung der Persöhnlichkeit übergeordnet ist und aus der Distanz einer kritisch-konstruktiven Betrachtung bedarf.“


Und dann hast du noch das spannende Thema SM und SVV aufgemacht.

Nun, wenn man es (mit deinem Blick) genau betrachtet, dann hast du tatsächlich recht, dass bei „Secretary“ sogar die Logik aufgezeigt wird: Wenn du dir aus Selbsthass weh tust, dann ist das schädlich, also tut dir besser ein anderer weh, der dich dafür liebt.

In einem Katalog zu einer Wiener Ausstellung über Masochismus ist mir vor längerer Zeit zum ersten mal auch Wilhelm Reichs entscheidende Abhandlung zum „Masochismusproblem“ begegnet. Ich hatte damals schon ein wenig von Reich gelesen und war deshalb für die, zugegeben für SMler sicher oft etwas schwierigen Passagen, recht offen.

Ich bringe das hier an, weil das einfach für mich einer der spannendsten und schlüssigsten Einstiege in das ganze Thema war, und ich da womöglich zu voreingenommen wäre, dazu ohne Quelle meine Gedanken zu äussern.

Reichs Text war deshalb damals so einschneidend, weil er seinen endgültigen Bruch mit Freud bedeutete. Freud meinte zu dieser Zeit bereits, soetwas wie einen Todestrieb entdeckt zu haben, der in allen Menschen entgegen der Libido wirkt. Mit diesem Todestrieb wurde von Freud fortan alles und vor allem auch der nach wie vor ungreifbare Masochismus und jedes selbstverletzende Verhalten erklärt.

Reich hielt das für den grössten Schwachsinn, den die Psychoanalyse jemals hervorgebracht hatte. Anhand einiger Fälle aus seiner Praxis wies er nun nach, dass auch der Masochismus und selbstzerstörerisches Verhalten von einer bis zur Unerträglichkeit gestauten Libido herrührt. Er weigerte sich, die Lust nach Schmerz als den primären Trieb des Masochisten anzuerkennen. Stattdessen stellte er heraus, dass sich der Masochist lediglich nach der gleichen Entspannung sehnt, die andere Menschen durch „gewöhnliche Sexualität“ erreichen.

Im Verständnis Reichs sind aber viele Menschen aufgrund ihres Vorerlebens und ihrer Kindheit so blockiert, wenn es um Sexualität und Orgasmus geht, dass es ihnen unmöglich ist, Sexualität, Lust und Orgasmus ohne unbewusste Schuldgefühle und körperliche Verspannung zu erleben. Die dadurch niemals zu genüge abführbare Lust führt zu so starken inneren Spannungszuständen, dass manche Menschen sich nach Schmerz oder Zwang etc. sehnen, der sie zumindest zum Teil davon befreit und die Abfuhr eines Teils der Lust ermöglichen.

Damit würde zumindest nach Reich SVV und SM der selben Quelle entstammen.

An kritischen Beobachtungen meiner selbst (ich bin manchmal auch gern ein ganz klein wenig  devot und maso) und an allen tiefergehenden Beschreibungen, die ich von SMlern bisher bekam, konnte ich das vollkommen logisch nachvollziehen.

Reich ist natürlich für SMler ein rotes Tuch, weil er für die völlige Wiederherstellung der „orgastischen Potenz“ eintritt, also die Fähigkeit seinen Orgasmus, durch den ganzen Körper strömend, zuckend und ohne Schuldgefühle und in Liebe erleben zu können. Reich sah hier sogar einen Zusammenhang mit der gesamten Gesundheit des Organismus (was ihn auch in die Krebsforschung führte, wo er heute konsequent totgeschwiegen wird) und für die Herstellung gesellschaftlich verantwortlicher und selbsbewusster Individuen (was ihn in die Soziologie führte, wo er ebenso kosequent totgeschwiegen wird)

Irgendwie kann ich die Skepsis von SMlern gegenüber solchen Theorien verstehen. Aber mal kritisch besehen muss ich zugeben, dass ich früher selbst tatsächlich beim Sex viel zu ängstlich war und hastig und überstürzt zum Orgasmus kam, was dann auch oft mit fehlender Nähe zu meiner Partnerin und Unzufriedenheit einherging. Seit sich da mit den Jahren langsam einiges geändert hat (auch angestossen durch sexuelle Unzufriedenheit meiner Partnerin und mir) hat sich seltsamerweise auch mein gesamtes Erleben von Bondage- und SM-lastigen Praktiken verändert.

Also ich habe jetzt einfach mal meine Erfahrungen und Auseinandersetzungen damit dargestellt. Ich dachte, das macht jetzt mehr Sinn, als irgendwelche unantastbaren Wahrheiten zu suchen. Was jeder für sich daraus ziehen will bleibt ihm ja selbst überlassen.

Was ich dann noch spannend finde, ist dein letzter Satz:

„Ist das Vergnügen eine Sub zu quälen größer wenn man sie liebt?“

Da muss ich aber erst nochmal drüber nachdenken. Womöglich mangelt es mir da auch an Erfahrung. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass mich das Ausleben sadistischer Impulse oder Fantasien irgendwie mehr auf der Kopfebene befriedigt. Es ist, als will man etwas ergreifen oder besitzen, was einem am Ende doch immer wieder aus den Fingern gleitet. Das Mitfühlen spielt dann tatsächlich eine immer grössere Rolle. Aber trotz des gemeinsamen Spielrauschs habe ich am Ende einer Session gelegentlich Probleme, wie ich die für mich erfüllend abschließen kann. Mittlerweile tendieren wir dazu, im Nachhinein noch leidenschaftlichen Sex zu haben.

Wie erlebtst du das, bzw. welche Erfahrungen hast du da?

Grüsse

nachtschatten
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Ich, Seilchen, distanziere mich hiermit vom Inhalt dieses Beitrags und mache mir diesen in keiner Weise zu eigen. 28.11.2011 17:02
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