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Re: Pornografie, Moral und gesellschaftliche Verhältnisse (als Antwort an Tilly)

geschrieben von nachtschatten  am 12.11.2012 um 12:16:19 - als Antwort auf: Re: Pornografie, Moral und gesellschaftliche Verhältnisse (als Antwort an Tilly) von tilly
Hallo Tilly,

Da hast du noch einige interessante Anregungen zum Thema und darüber hinaus gebracht. Leider würde es wohl den Themen-Rahmen des Forums zu weit strapazieren, wenn ich jetzt auf all die Sachen eingehe.

Was Porno und Kunst angeht, hast du recht: Porno ist in der Kunst als Thema angekommen. Ich war vor einiger Zeit mal im Kino, da lief ein Film, in dem fünf zeitgenössische Künstler sich dem Thema Porno stellen. Ich muss aber sagen, vieles war langweilig, manches fast unerträglich.

Das mit dem "NEIN" ist sicher auch ein wichtiges Thema. Im Porno gibt es ja sozusagen kein "Nein", bzw. es geht sogar um die Fantasie, ein "Nein" zu brechen. Hier werden mit Sicherheit auch verzerrte Bilder konstruiert, die Frauen unterschwellig unter Druck setzen. Eine Frau, die Nein sagt, gilt als prüde. Die Vorstellung von der stets bereiten Pornoheldin wird zum Ideal einer freien Sexualität. Freie Sexualität wird dann gleichgesetzt damit, möglichst oft Ja zu sagen.

Dass eine die Sexualität wirklich bejahende Gesellschaft genau zum Gegenteil von Pornografie und dem Ideal von möglichst viel Sex kommen würde, hat auch der von mir bereits mehrmals erwähnte Wilhelm Reich in seinen Schriften immer wieder festgestellt.

Dass Pornografie und die Tendenz zur Vereinzelung des Einzelnen irgendwie zusammenhängen, ist sicher auch ein spannendes Thema. Um das ausreichend fruchtbar zu diskutieren, würde mir aber daran liegen, es in einen wesentlich größeren gesellschaftsphilosophischen Zusammenhang zu stellen. Das würde aber hier ebenfalls zu weit führen, da in meinen Gedanken dazu auch eine spezielle Auslegung marxistischer Ansätze eine Rolle spielt. Die führt dazu, dass ich Aspekte wie Staat, Neoliberalismus und Marktwirtschaft möglicherweise nochmal in einen anderen Zusammenhang stellen würde, als du. Und das hier durchzukauen passt nicht.

Ich lasse es also mal dabei, festzustellen, dass Pornografie zumindest leistet, Sexualität von allen Kontexten losgelöst als ein für sich stehendes Phänomen zu begreifen. Sexualität wird damit in gewisser Weise also zu etwas, bei dem es nicht mehr im Entferntesten um die Annäherung zweier Menschen geht. Sex ist Sex ist Sex. Die Partner, die sich dabei aber trotzdem noch begegnen müssen, schrumpfen zu einer reinen Interessengemeinschaft. Man benutzt sich eher gegenseitig, um Sex zu haben, anstatt, dass man Sex selbst als einen Ausdruck von gemeinsam empfundener Intimität empfindet. Beide Partner bleiben mit sich allein. Letztlich wird der Körper des Anderen zum besseren Porno, zur besseren Vorlage für eine Selbstbefriedigung.

Und damit wären wir eben bei der von dir genannten "Beziehungsunfähigkeit" auf der Ebene der intimsten Begegnung überhaupt.

Gesamtgesellschaftlich bezweifle ich aber, dass die Pornografie der Grund und Ursprung dieser Entwicklung ist. Ich denke, sie ist eher ein Ausdruck dieser Verhältnisse, und reproduziert beziehungweise verstärkt diese Tendenzen weiter.

Vielleicht ist das aber auch alles Quatsch, und wir sitzen hier einem romantischen Ideal auf, das vor gar nicht allzulanger Zeit begründet wurde, während durch die Geschichte der Menscheit hindurch Sexualität schon immer mit den verschiedensten Vorstellungen, Tabus und Feindseligkeiten verknüpft war. Ich fange gerade an, das fünfbändige Mammutwerk des Ethnologen Hans Peter Dürr zu lesen: "Der Mythos vom Zivilisationsprozess". Für jemanden, der Norbert Elias und Philippe Aries mit Faszination gelesen hat, ist es ein hartes Stück, all die Beispiele aus Ethnologie und Geschichte vorgelegt zu bekommen, die immer wieder zeigen, wie mit Scham, Lust, Sexualität, Intimität, Körper etc. über alle Epochen der Menscheit umgegangen wurde.

Liebe Grüsse

nachtschatten
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Ich, Seilchen, distanziere mich hiermit vom Inhalt dieses Beitrags und mache mir diesen in keiner Weise zu eigen. 12.11.2012 12:16
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