Willkommen in meinem Bondage-Forum! Ich wünsche uns allen qualifizierte Beiträge, regen Austausch und viel Spaß! Forum powered by Nutzungsbedingungen geschrieben von nachtschatten am 17.12.2011 um 18:03:54 - als Antwort auf: Re: BDSM als kultureller Forschritt? von Liara88 Ich sehe den Schlüssel zu meinem Verständnis noch ein wenig woanders: Gewalt, Grausamkeit, Agression, Sadismus... das alles sind Begriffe, die sehr verschiedene Dinge benennen können. Es gibt sicher bei allen höheren Tierarten eine Art von Agression, die allein für das Überleben notwendig und sinnvoll ist. Ich würde das stark abgrenzen vom menschlichen Sadismus und menschlicher Grausamkeit. Ich bezweifle sehr, dass menschlicher Sadismus irgendetwas mit übergebliebenen Agressionen aus dem Überlebenskampf zu tun hat! Ich denke, ein nicht zu vernachlässigender Sachverhalt ist der, dass der Mensch die einzige Spezies ist, die sozusagen „dauergeil“ ist. Damit meine ich, dass beim Menschen Sexualität nicht nur zu bestimmten Paarungszeiten eine Rolle spielt, sondern das ganze Jahr hindurch, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Das sollte einen zumindest darauf aufmerksam machen, dass Sexualität beim Menschen einen Stellenwert hat, der anscheinend eine besondere Rolle spielt. Ich vermute nun, dass Sadismus und Grausamkeit etwas mit unterdrückter oder verschobener Sexualität zu tun haben (die - das meinte ich - letztlich als solche nicht mehr bewusst durchscheinen muss). Das sehe ich in einem Gegensatz zu einer biologisch notwendigen Aggression, wie sie auch im Tierreich und nebenher beim Menschen vorkommt. Eine biologisch notwendige Aggression unterscheidet sich für mich zum Sadismus dadurch, dass sie durchaus rational begründet sein kann, und in Situationen auftaucht, in denen tatsächlich mein Leben in Gefahr sein könnte, oder ich einfach Hunger habe. Aus einer ganz anderen Quelle kommt es ganz gewiss, wenn jemand beispielsweise tagein tagaus von dem Gedanken nicht losgelassen wird, einen Menschen auszupeitschen. Um das in seiner ganzen Tiefe zu verstehen, darf man dann auch die Entwicklung des Kindes nicht ausser acht lassen. Denn der entscheidende Unterschied hier ist, dass bestimmte Erfahrungen den Aufbau der Persönlichkeit noch prägen. Wenn wir die ganze Thematik nur von Erwachsenen ausgehend betrachten, die ihr psychisches Erbe bereits fertig mit sich herumtragen, dann bleiben wir bei dem Punkt stehen, wie wir letztlich mit dem ohnehin schon vorhandenen Sadismus am besten umgehen. (Gewalt in Medien Ja oder Nein? Usw...) Mit meinem Beispiel eines grausamen Alltags und der Rolle von SM darin wollte ich eigentlich auch aufzeigen, wie schwammig der Begriff wird, wenn man ihn seinem kulturellen Umfeld entzieht. Im Grunde ist das Beispiel damit so absurd wie die Kategorisierung selbst. Ich weiss nicht, ob es letztlich darum gehen darf, einfach einen recht festgefassten Rahmen an Ethik oder Moral oder Recht zu schaffen, innerhalb dem man sich dann ausleben kann. Ich bin kein grosser Fan von Recht und Moral. Meine Schwierigkeit ist wohl, dass ich im Grunde durchaus daran glaube, dass der Mensch an sich „gut“ ist, wenn er sich denn nur entfalten und frei entwicklen kann. Das führt mich aber immer wieder zu dem Punkt, dass ich denke, dass die irrationale sadistische Brutalität nicht nur irgendwie „kompensiert“ werden müsste, sondern, dass sie gar nicht erst als Antrieb aufkommen bräuchte in einer „entwickelten Kultur“. Wie geschrieben: ich meine damit nicht, dass wir alle zu Schmusekatzen werden; weil ich einen Unterschied mache zwischen einer rational sinnvollen Agressivität (die auch in der Sexualität ihre positive Kompensation finden kann!) und einer irrationalen, lustbetonten Brutalität, die ihre unbewusste Motivation aus der Verdrängung sexueller Inhalte bezieht. Aber hier gerate ich halt an Widersprüche. In Diskussionen wie hier besteht ja auch erst die Möglichkeit, sich seinen eigenen Standpunkt klarer zu erarbeiten. Ich finde jedenfalls die Frage nach der Rolle von BDSM in diesem Zuammenhang schon länger spannend, und bin mal neugierig auf weitere Gedanken dazu. Damit es nicht wieder so lang wird, lasse ich meine Gedanken heute mal eher unfertig stehen. (naja, sind sie ja irgendwie immer) --- Ich, Seilchen, distanziere mich hiermit vom Inhalt dieses Beitrags und mache mir diesen in keiner Weise zu eigen. 17.12.2011 18:03 --- Antworten zu diesem Beitrag: |