Willkommen in meinem Bondage-Forum! Ich wünsche uns allen qualifizierte Beiträge, regen Austausch und viel Spaß! Forum powered by Nutzungsbedingungen geschrieben von nachtschatten am 23.11.2011 um 22:57:12 - als Antwort auf: Re: "Die richtige Sub" ...zum Beitrag von Seilchen von Liara88 Hallo Liara, ich freue mich sehr über deinen ausführlichen Beitrag! Also was erst mal die Sache mit den Motiven für die Macht etc. angeht, hast du deine Sichtweise so klar und verständlich dargestellt, dass ich dir eigentlich nicht mehr widersprechen kann. Man muss das wohl wirklich etwas komplexer betrachten. Deinen Absatz über die Organisationsform der Gesellschaft finde ich ebenfalls super formuliert und kann das so beinahe unterschreiben. Das müssen wir auch so stehen lassen, denn eine tiefergehende Diskussion über Politische Ökonomie und die grossen Fragen der Gesellschaft passt hier nicht her. Was deine früheren Beziehungserfahrungen angeht, bin ich schon erstaunt. Du bist nicht die erste, und sicher auch nicht die zweite Frau, von der ich derartige Erfahrungen lese. Genau von diesem Verlauf - erste Beziehung in der man die ersehnte Dominanz spürt, was aber deutlich in die Hose geht und was man später auch nicht als BDSM-Beziehung bezeichnen würde – habe ich immer wieder Beschreibungen gefunden. Teilweise wurde mir darüber nur in persönlichen Nachrichten berichtet, woraufhin ich den Wunsch äusserte, das doch mal im offenen Forum zu diskutieren. Anscheinend gibt es dabei aber extrem hohe Hemmschwellen. Ich fände es aber extrem wichtig, gerade im Internet soetwas immer wieder zu thematisieren, denn gerade hier finden viele mittlerweile ihre erste Anlaufstelle. Wenn ich lese, wie viel Mühe sich so viele Männer machen, ihren Frauen, Freundinnen oder Spielgefährtinnen das „Richtige“ zu geben, dann finde ich es schrecklich, immer wieder auch davon zu lesen, dass gerade junge Mädels dann bei irgendwelchen Macho-Brutalos landen, weil sie das und ihre Neigung noch nicht ganz auseinanderhalten können. Da leider „Omas Rat“, am besten ganz die Finger von den Männern zu lassen genauso doof ist, und auch manche Familie kaum Verständnis für sowas hat, finde ich es wirklich wichtig, dass im öffentlichen Raum sich sinnvoll und veratwortlich geäussert wird, was derartige Themen angeht und man sich hier auch offen über problematische Aspekte austauscht. Ich finde, das ist man denen schuldig, die sich ja andersherum auch ermutigt fühlen, Neigungen anzuerkennen und auch auszuprobieren. Insofern halte ich deinen Beitrag hier für sehr wertvoll, weil er Orientierung gibt jenseits von einseitiger Beschönigung des Themas. Deine Gedanken zur Frage der Entstehung von BDSM-Neigungen finde ich sehr spannend. Ich muss mich jetzt sehr zusammenreissen, nicht allzu sehr meine Überlegungen asuzubreiten, denn sonst sprengt das hier den Rahmen. Zum einen glaube ich, dass es sehr individuell verschiedene Zusammenspiele von Ursachen gibt. Ich stimme mit dir darin überein, dass nahezu alle Ursachen in der kindlichen Biografie zu suchen sind. Was ich ebenfalls glaube, ist, um es sehr vorsichtig auszudrücken, dass die typischen Aspekte von BDSM-Fantasien (Macht, Unterwerfung, Schmerz, Dominanz, Hilflosigkeit etc..) in einem gewissen Zusammenhang stehen zu den sie prägenden Erfahrungen (oder auch nur Ängsten?). Ich denke aber, dass traumatische Erfahrungen im gängigen Sinne nicht immer ein Grund sein müssen. Jedoch vermute ich, dass auch beinahe nicht bemerkbare Verhältnisse wie eine Zurückweisung von Liebes- oder Lustbedürfnissen des Kindes starken Einfluss auf die Entwicklung sexueller Vorlieben nehmen kann. Vielleicht würde ich dann durchaus soweit gehen, dass ich vermute, dass es immer darum geht, eine Form von Verletztheit oder Versagung zu kompensieren. (was dann natürlich impliziert, dass diese Form des psychischen Schutzes um keinen Preis das Verhältnis zum ursprünglichen „Trauma“ klar und bewusst machen darf, solange dieser funktionieren soll) Ich schließe mich auch der Ansicht an, dass ein Kind bereits eine erotische Dimension des Erlebens hat, die (laut Freud) „polymorph-pervers“ strukturiert ist und aus der jeder Erwachsene spezifische Anteile in seine spätere genital- geschlechtliche Sexualität mitnimmt. (Bestes Beispiel: oraler Lustgewinn) In diesem letzten Punkt sehe ich einen der entscheidenden Aspekte bei der Frage, welche Vorstellung man von dem Themengebiet hat. Wer eine erotische Ebene im kindlichen Erleben grundsätzlich leugnet, empfindet meist erst die Pubertät als das Hereinbrechen der Sexualität, die dann bereits alle bekannten Neigungen und Tendenzen wie gegeben zu besitzen scheint. Frühere verschwommene Erinnerungen werden dann nur noch als ein letztes Zeichen des „bereits-in-die-Wiege-gegeben-seins“ gedeutet. Akzeptiert man allerdings die Betrachtungsweise (ausgehend von Freud), dass bereits beim Kleinkind erotisches Interesse herrscht mit dem bereits autoerotisch experimentiert wird und das bereits Verbote, Versagungen und Verdrängungen erfährt, dann eröffnet sich ein völlig neues Feld der Herangehensweise an dieses Thema. Offenbar ist diese Herangehensweise aber auch noch über hundert Jahre nach Freuds Darstellungen ein heikles Thema für die breite bürgerliche Öffentlichkeit. Soweit nochmal eine grobe Skizze meines Verständnisses, das ja in einigen meiner Beiträge bereits ein wenig durchgeschienen sein müsste. Eine kritische und hinterfragende Sicht auf die eigenen sexuellen Neigungen scheint für viele Menschen im Widerspruch zum Genuss derselben zu stehen. Ich schätze es sehr, Liara, dass es dir gelungen ist, diesen Widerspruch anzuerkennen. Ich finde, dass das der Tiefe von BDSM-Erlebnissen nichts nehmen muss. Dazu sei nur einmal darauf hingewiesen, dass sogar der Vorzeige-Film „Secretary“ keine Scheu hat, hier recht offen zu sein. Umgekehrt kann aber ein gewisses Verständnis der eigenen Neigung, so fnde ich, durchaus helfen, sich und anderen zu einer positiveren Umgangsweise damit zu verhelfen und Schaden zu vermeiden. Übrigens: Ich selbst glaube nicht, dass es ein einschneidendes, schreckliches Trauma in meiner Kindheit war, das mir meine Neigung beschert hat. Aber ich ahne, dass es der allgemeine Umgang mit Sexualität in meiner Familie, und ganz persönliche frühe Unsicherheiten in Bezug zu dem Thema waren, die mich hier sicher mitgeprägt haben. Genauer will ich da jetzt nicht drauf eingehen... Grüsse nachtschatten --- Ich, Seilchen, distanziere mich hiermit vom Inhalt dieses Beitrags und mache mir diesen in keiner Weise zu eigen. 23.11.2011 22:57 --- Antworten zu diesem Beitrag: |