Willkommen in meinem Bondage-Forum! Ich wünsche uns allen qualifizierte Beiträge, regen Austausch und viel Spaß! Forum powered by Nutzungsbedingungen geschrieben von nachtschatten am 08.09.2011 um 19:36:27 - als Antwort auf: Re: SM und der Nachwuchs von Seilchen Hallo, ich möchte nur kurz einwerfen, dass ich die Gedanken von Stillerleser nicht an sich und grundsätzlich für falsch halte. Ich denke einfach, dass man nicht vergessen darf, dass wir eben über unsere Kultur reden. Und die bringt eben ihre ganz eigenen Probleme und Umstände mit sich. In einem Umfeld, in dem Sexualität von jungen Menschen sehr gezielt ferngehalten wird – nicht nur durch die Eltern, sondern auch durch die Kultur - ist es selbstverständlich einem Schock gleich, wenn man dann seine Eltern dabei ungewollt ertappt. Da ich mein Kind ja auch in unserer Kultur sozialisieren wollte (wenn ich denn eines hätte), würde ich ihm das gewiss nicht antun wollen und fände es ganz sicher auch selbst sehr unangenehm. Was ich aber dabei schon klarstellen möchte ist, dass man über die Selbsverständlichkeiten und Gewohnheiten in unserer Erfahrung keinen allgemeinen Schluss darüber ziehen kann, was prinzipiell für ein Kind bzw. einen Menschen gut ist, und was nicht. Ich denke, man darf nicht vergessen, dass z.B. das Kinderzimmer erst eine relativ späte Erfindung der höheren Klassen war. Bis ins 18. Jahrhundert war es sicher in breiten Teilen der Bevölkerung noch üblich, je nach Kulturraum, in größeren oder kleineren Gemeinschaftsschlafräumen zu nächtigen. Vor allem über die Bauern und die im 19. Jahrhundert entstandene Arbeiterklasse sagte man ja schon damals noch, dass deren Kinder einen wesentlich offeneren Umgang mit Sexualität kannten, der den bürgerlichen Kindern in dieser Zeit vehement verwehrt wurde. Ich denke, dass es in diesen „unteren Klassen“ wesentlich öfter vorkam, dass Kinder etwas von der Sexualität ihrer Eltern mitbekamen und das für sie einfach etwas ganz natürliches war. Ebenfalls interessant dazu sind Studien über ganz fremde Völker. Aber hier liegen eben einfach schon so große Unterschiede in der Kultur vor, dass man eben kaum mehr Rückschlüsse auf uns ziehen kann. Wohl aber darauf, was der Mensch an sich alles hervorbringt und wie unsere „Probleme“ von anderen Menschen anders gelöst wurden. Die Kultur der Trobriander unterscheidet sich von unserer z.B. sehr extrem, da die Verhältnisse zu Vater und Mutter ganz andere sind (oder zumindest in den 30er Jahren noch waren). Der Bruder der Mutter übernimmt hier eher die Rolle (da matrilinear), die bei uns der Vater übernimmt, der Vater ist eher soetwas wie ein Freund und Gefährte der Kinder. Die Kinder ziehen schon in einem recht frühen Alter (etwa 5 bis 7) in ein erwachsenenfreies Haus mit vielen anderen Kindern, wo sie sich bereits sexuell erforschen und von älteren Kindern lernen (ein extrem strenges Tabu gibt es hier nur für Geschwister der gleichen mütterlichen Linie). Malinowski nennt das ganz nett eine Art „Kinderrepublik“. Den Eltern ist es anscheinend in dieser Kultur auch nicht gerade angenehm, wenn ihnen die Kinder zusehen. Aber zum einen ist es nicht so einfach vermeidbar, weil es halt keine Türschlösser gibt, zum anderen sind die Kinder schon so selbstverständlich aufgeklärt und haben schon allerlei bei ihren Spielgefährten gesehen und ausprobiert, dass für sie hier kein Schockmoment aufzutreten scheint. Tja, und was hat das Ganze jetzt mit SM und Fesseln zu tun? Anscheinend besteht in einer so einfachen Kultur mit einem so unverdrängten Sexualleben gar nicht das Bedürfnis, sich auf so abstrakte Weisen auszuleben. Aber wie gesagt geht es hier nicht darum, zu werten oder Schlüsse zu ziehen, sondern ich wollte nur aufzeigen, dass ich die Gedanken von Stillerleser ganz allgemein nicht für verwerflich halte. Grüsse nachtschatten --- Ich, Seilchen, distanziere mich hiermit vom Inhalt dieses Beitrags und mache mir diesen in keiner Weise zu eigen. 08.09.2011 19:36 --- Antworten zu diesem Beitrag: |